Porcupine Tree - In Absentia

Heute in der Post...



Vor nunmehr knapp 2 Jahren wurde mit „In Absentia“ ein Meilenstein moderner Prog-Musik geschaffen, an dem Roger Waters seine helle Freude gehabt hätte. Wäre es von Pink Floyd gekommen, würde man den Namen dieser Band heute vor allem mit diesem Album in Verbindung bringen. Eine hohe Chartplatzierung wäre zur damaligen Zeit genauso sicher gewesen wie mehrfache Auszeichnungen. Aber die Musiklandschaft und die Hörgewohnheiten der breiten Masse haben sich deutlich gewandelt, weshalb solche Musik heutzutage bedauernswerterweise nur ein Nischendasein führt. Früher war eben doch alles besser.

Nun, Pink Floyd gibt es nicht mehr. Aber sie werden auch nicht mehr gebraucht. Porcupine Tree (klangvoller Name, die Übersetzung ist allerdings reichlich merkwürdig…) unter Leitung von Mastermind Steven Wilson (u.a. auch bekannt durch sein Engagement bei Opeth und sein neuestes Soloprojekt Blackfield) traten schon frühzeitig in deren große Fußstapfen und erweiterten sie. Wer einen hervorragenden Überblick über die psychedelischere Anfangsphase der Band möchte, sollte sich das „Best-Of“-Album „Stars Die“ (2002) zulegen. Aber auch das poporientiertere Meisterwerk „Lightbulb Sun“ (2000) gehört zumindest in jede Prog-Plattensammlung.

Der Höhepunkt in der Bandhistorie wurde jedoch erst mit „In Absentia“ erreicht. Was hier den Ohren schmeichelt ist schlicht und ergreifend Musik von einem anderen Stern, einem anderen Planeten, einer anderen Dimension. Albert Einstein hätte nach dem Genuss dieses Albums vermutlich seine Relativitätstheorie relativiert und seine berühmte Formel in E = In Absentia umgeschrieben. Pure Energie und Atmosphäre ist es nämlich, die von dieser Platte in alle Richtungen ausstrahlt und Herz und Verstand gleichermaßen beansprucht. Nicht umsonst ist „In Absentia“ eines dieser seltenen Alben, bei dem den Verfasser dieser Kritik regelmäßig die Gliedmaßen zittern. „Blackest eyes“ eröffnet den Trip. Erstaunlich metallisch klingen Porcupine Tree hier, ohne auch nur eine Sekunde nicht wie Meister ihres Fachs rüberzukommen. Und sobald die harten Gitarren etwas in den Hintergrund treten, kommen wieder diese unglaublich ergreifenden Melodien zum Vorschein. Bei den Titeln „Trains“ und „Gravity eyelids“ wähnt man sich anfangs in altvertrauten Porcupine-Tree-Gefilden bevor einem die einsetzenden Drums die Ohren schlackern lassen. Bereits hier zeigt sich, wie perfekt es die Truppe versteht, knisternde Spannung aufzubauen, die sich in gigantischen Riffgewittern und unnachahmlichen Harmonien und Refrains entlädt.

Mit „Wedding nails“, „Prodigal“ und „Strip the soul“ wurden atemberaubende Lieder geschaffen, die mit Prog-typischer Vertracktheit und Experimentierfreude aufwarten, ohne in unnötige Frickelorgien auszuarten. Auch Freunde elegisch-melancholischen Liedgutes werden auf „In Absentia“ aus vollen Händen bedient. Spätestens bei dem unglaublich intensiven „Collapse the light into earth“ wird auch der letzte Zweifler auf dem Boden Knien und zum heiligen Musikgott beten. Selbst wenn manch einer jetzt die ein oder andere Augenbraue hochziehen wird, aber meiner Meinung nach ließen Porcupine Tree mit „In Absentia“ nicht nur sämtliche Pink-Floyd-Werke hinter sich, sondern zogen auch mal eben an allen Tools und Radioheads dieser Welt vorbei. Das Highlight ist der Jahrhunderttitel „The sound of muzak“, ein Abgesang auf die ursprüngliche Bedeutung der Musik. Wenn Wilson mit seiner warmen, zerbrechlich wirkenden Stimme „The music of the future will not entertain. It’s only meant to repress and neutralise your brain“ singt und kurz darauf feststellt „One of the wonders of the world is going down“, hat der Mann einfach Recht. Das heißt, nicht ganz, schließlich gibt es da noch Bands wie Porcupine Tree.



Kritik: André Schuder

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